#ernährungsexpertenösterreich – wie sinnvoll ist „detox“?

Nachdem sich das Jahr 2019 schön langsam dem Ende zuneigt, werden in fast allen Zeitschriften und Zeitungen wieder alle möglichen Diäten vorgestellt. Die guten Vorsätze im neuen Jahr müssen ja schließlich umgesetzt werden. Eine Trenddiät, die dabei ziemlich häufig vorkommt ist „detox“. Mit bestimmten Lebensmitteln oder einer bestimmten Diät soll unser Körper dabei entgiftet werden.

#ernährungsexpertenösterreich

Dieser Artikel ist der letzte in diesem Jahr für unser Projekt #ernährungsexpertenösterreich. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen: Jasmin & Carmen, Stefanie und Lisa & Isabella, haben wir in diesem Jahr versucht, ein bisschen Licht in die Welt der Ernährungsmythen und Diäten zu bringen. Gerade Ernährungsthemen sind ein ziemlich heikler Bereich und es werden oftmals viele Falschinformationen beziehungsweise wissenschaftlich nicht gesicherte Aussagen verbreitet. Als Diätologinnen und Ernährungswissenschaftlerinnen ist es uns besonders wichtig, wissenschaftlich gesicherte Fakten mit euch zu teilen.


Detox – was ist das überhaupt genau?

Eine genaue, offizielle Definition für den oft verwendeten Begriff „detox“ gibt es eigentlich überhaupt nicht. Es deutet allerdings eindeutig auf das Wort „Detoxifikation“ oder „Entgiftung“ hin. Beide Wörter kommen eigentlich aus der Medizin und beschreiben spezielle Vorgänge.

Unser Detoxifikation versteht man die physiologische Verstoffwechselung und teilweise auch Ausscheidung von giftigen Stoffen über die Leber, den Darm und die Nieren.

Der Begriff „Entgiftung“ wird ebenfalls in der Medizin verwendet. Gemeint ist dabei eine Behandlungsart, bei der gefährliche Mengen an Drogen, Alkohol, Medikamenten oder anderen giftigen Stoffen aus dem Körper entfernt werden. Es ist sozusagen eine Notfall-Behandlung und hat mit der Idee des „Detox-Trends“ nichts zu tun!

Wie entgiftet unser Körper?

Wir nehmen über die Nahrung täglich Stoffe zu uns, die für unseren Körper eigentlich giftig wären. Dazu zählen zum Beispiel Schwermetalle wie Blei oder Arsen, die in Fisch oder Fleisch enthalten sein können. Oder auch Alkaloide aus Getreide oder Acrylamid aus stark gebräunten Lebensmitteln. Um diese Stoffe wieder aus dem Körper zu bringen, hat dieser dafür einige sehr ausgeklügelte Mechanismen. An der Entgiftung sind vor allem die Leber, die Nieren und auch der Darm beteiligt. Die Organe arbeiten täglich 24 Stunden, um uns vor schädlichen Einflüssen zu schützen.  

Die Leber ist dabei unsere wichtigste “Entgiftungszentrale”. Hier werden schädliche Substanzen so umgebaut, dass sie nicht mehr schädlich sind. Das funktioniert mit Hilfe von verschiedenen Enzymen, die wiederum sehr komplizierte chemische Vorgänge in Gang setzten. Stoffe, die nicht “unschädlich” gemacht werden können, werden zumindest so umgebaut, dass sie dann entweder über die Niere oder über den Darm ausgeschieden werden und somit nicht mehr im Körper sind.  

Die Niere ist ebenfalls ein sehr wichtiges Organ für die Entgiftung unseres Körpers. Hier besteht die Möglichkeit, wasserlösliche Stoffe, die sich normalerweise schädlich auswirken würden, auszuscheiden. Die Nieren filtern täglich etwa 1500 – 1800 Liter Blut, was eine enorme Menge ist. Dabei werden Stoffe, die unser Körper zum täglichen Leben braucht, wieder an das Blut zurückgegeben. Stoffe, die wir nicht benötigen bzw. Stoffe, die sogar giftig sein können, werden dann über den Harn ausgeschieden.  

Ihr seht also, unser Körper ist ein ziemlicher Experte, was das Entgiften angeht. Und solange, die Organe, die hauptsächlich daran beteiligt sind, nicht geschädigt sind, funktioniert die Ausscheidung von Giftstoffen – zum Glück – ganz wunderbar. Es ist zwar sehr wohl möglich, dass sich gewisse Stoffe wie z.B. Dioxin, polychlorierte Biphenyle oder Schwermetalle in unserem Körper ablagern. Das passiert vor allem im Fettgewebe. Das bedeutet auch zugleich – je weniger Fettgewebe, umso weniger Schadstoffe können sich im Körper ablagern.  

Kann ich mit bestimmten Lebensmitteln die Entgiftung beeinflussen?

Für eine Detox-Diät oder einzelne Detox-Lebensmittel gibt es keine allgemein gültige Definition. Sie haben zwar alle gemeinsam, dass sie den Körper bei der Entgiftung unterstützen sollen. Die Wirkmechanismen, wie das funktioniert sind allerdings sehr unterschiedlich. 

Es gibt beispielsweise verschiedene Kräuter, die durch ihre Inhaltsstoffe die Funktion der Leber steigern sollen. Dann gibt es auch noch Präparate wie etwa Aktivkohle, die Giftstoffe aufnehmen sollen, damit sie gar nicht erst in den Körper gelangen.  

Aber egal, um welche Produkte bzw. Diäten es sich handelt: es gibt zurzeit keine wissenschaftlichen Studien, die eine effektive Wirkung beweisen können. 
Es gibt zwar einige kleine Studien, die einen Hinweis darauf geben, dass bestimmte Kräuter, die Aktivität der Leber beeinflussen können. Diese Studien sind meistens aber nur mit sehr wenigen Teilnehmern durchgeführt und daher leider auch nicht aussagekräftig.  

Viel eher gibt es leider einige Negativ-Beispiele, bei der bestimmte Produkte als “detox” ausgewiesen werden, die erwiesenermaßen keinerlei bzw. Eine andere Wirkung haben. Das ist zum Beispiel sehr häufig bei entwässernden Tees oder Kräutern der Fall. Diese bewirken zwar, dass über die Nieren mehr Wasser ausgeschieden wird, auf die entgiftende Wirkung haben sie aber keinen Einfluss. Laut der “EU Health Claims Verordnung” wäre es auch nicht zulässig solche Produkte unter der Bezeichnung “detox” zu verkaufen, leider kommt das aber immer wieder vor. Oder es werden Gesetzeslücken gefunden und die Produkte dann unter anderen Namen wie z.B. “antitox”, “freetox” oder “d-tox” verkauft.  

Außerdem ist noch bei bestimmten Produkten Vorsticht geboten, deren “detox-Wirkung” aufgrund ihrer Aufnahmefähigkeit für Fremdstoffe ausgewiesen ist. Dazu zählt zum Beispiel auf Aktivkohle. Aktivkohle besitzt die Fähigkeit, Stoffe an sich zu binden, sodass sie unser Körper nicht mehr aufnehmen kann. Daher wird sie auch bei leichten Vergiftungserscheinungen verwendet. Das Problem bei Aktivkohle ist, dass sie nicht zwischen Giftstoffen und den Stoffen, die für unseren Körper eigentlich günstig wären unterscheidet. So kann es zum Beispiel bei einer dauerhaften Einnahme über einen längeren Zeitraum auch zu Mangelerscheinungen an Vitaminen oder Mineralstoffen kommen!  

Fazit

Grundsätzlich ist die Idee, den Körper von Giftstoffen zu befreien natürlich super! Leider sind die meisten Produkte, die dafür auf dem Markt angeboten werden ziemlich teuer und die Wirkung konnte bisher noch nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Es gibt sogar Produkte, die nachweislich KEINE Wirkung zeigen und trotzdem als “Detox” verkauft werden!  

Auch Detox-Diäten oder Detox-Kuren, die nur für kurze Zeit eingehalten werden sind nicht wirklich sinnvoll. Auch wenn der Körper in dieser Zeit möglicherweise Giftstoffe besser abbaut, als sonst. Wenn nach der Diät wieder genauso gegessen wird wie vorher, werden die Giftstoffe ohnehin wieder angesammelt.  

Am günstigsten wäre es, wenn ihr versucht mit eurer alltäglichen Ernährung gar nicht erst zu viele schädliche Stoffe aufzunehmen. Das mit erspart ihr euerer Leber einiges an Arbeit und euch selbst einiges an zusätzlichen Kosten. Um schädliche Stoffe in eurer Ernährung möglichst gering zu halten, könnt ihr folgende Tipps beachten:  

Vorbeugen ist besser als entgiften zu müssen. Daher hier noch ein paar Tipps zum Schluss, damit euer Körper erst gar nicht so viel entgiften muss!

  • Verzichtet auf Nikotin
  • Alkohol in Maßen
  • Esst Lebensmittel, die nur wenig verarbeitet sind
  • Achtet auf eine regionale und saisonale Lebensmittelauswahl
  • Kauft, wenn möglich biologische Lebensmittel, um Pestizidrückstände zu vermeiden
  • Entfernt die äußeren Blätter und den Strunk von Blattgemüse und Salaten (Schwermetalle)
  • Innereien und Wildpilze solltet ihr nur selten verzehren (Schwermetalle und radioaktive Substanzen)
  • Lebensmittel nicht zu scharf anbraten
  • Kauft wenn möglich heimische Fischarten, da diese weniger mit Schwermetallen belastet sind
  • Übergewicht vermeiden/reduzieren (Giftstoffe werden vor allem im Fettgewebe gespeichert)
  • Ausreichend Trinken
  • Regelmäßige Bewegung, am besten an der frischen Luft
  • Ausreichend Obst und Gemüse in den Speiseplan einbauen


Literatur

  • Ernährungsumschau 5/2019; M276 – M285
  • Ärztegesellschaft/Heilfasten und Ernährung
  • Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 betreffend die Information der Verbraucher über gesundheitsbezogene Angaben (LMIV)

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